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Von Kaisersemmerln, Salzstangerln und Mohnflesserln

  • 3sat

Noch gibt es die große Handwerkskunst in Österreichs Backgewerbe. Auch wenn vielerorts die handgefertigten Weckerln und Semmerln verschwinden, so werden sie doch andernorts weiterhin schon frühmorgens oder gar noch in der Nacht von Traditionsbäckerinnen und -bäckern hergestellt oder von „jungen Wilden“ neu interpretiert.

Eine Variation an Gebäckssorten aus Thaya im Waldviertel

Immer wichtiger werden den Backkünstlerinnen und -künstlern Themen wie Nachhaltigkeit und regionale Zutaten, die aus biologischer Landwirtschaft stammen. Aber wo gibt es nun die Teige, die nicht aus Backmischungen angerührt, sondern lange geführt und Stück für Stück geknetet und zurechtgebogen werden? 
Mit Anita Lackenberger besuchen wir eine Bäckerei in Lech am Arlberg, die schon in dritter Generation betrieben wird. Ein typisches Vorarlberger Traditionsgebäck ist das „Schild“. Es besteht aus einem Semmelteig, der in viereckiger Form gern für Familien gekauft wird und vor allem früher nie auf dem Sonntagstisch fehlen durfte. 

Beim Schütteln des Schüttelbrotes entsteht eine dünne Brotflade, die nach dem Backen völlig trocknet und lange aufbewahrt werden kann

Die „Bosniaken“ werden aus einer ausgewogenen Roggen- und Weizenmehl-Mischung mit ausgewählten Gewürzen und einer Extraportion Kümmel hergestellt. Wer geflochtenes Gebäck liebt, ist mit einem „Sesamzöpfle“ gut versorgt.

In Südtirol sind das „Vinschgerl“ und das lang haltbare „Schüttelbrot“ typisch. Früher wurde es auch auf den Bauernhöfen gebacken. Eine Bäckerei in Bruneck zeigt uns diese Köstlichkeiten aus Roggenmehl. 

Ob zum Frühstück oder zur Jause – die Kaisersemmel hat schon dem Kaiser gut geschmeckt

Wer Kaisersemmerln und Salzstangerln genießen möchte, so wie sie schon in der Monarchie gebacken worden sind, folgt uns nach Groß Enzersdorf östlich von Wien. Das feine Weizenmehl aus dem Marchfeld, verbunden mit einer einzigartigen Verarbeitung des Teiges, schafft diese zeitlosen Gaumenfreuden, ohne die ein „Wiener Frühstück“ nicht vorstellbar wäre. 

Das „Kaisersemmerl“, das „richtige“ knusprige, ist noch immer hohe „Bäckerhandwerkskunst“. Da werden die Ecken und Enden ineinander geflochten, und dann muss es noch lange „warten“ – „gehen“ und gären -, bis das Innere seidig und weiß und die Kruste goldgelbbraun-knusprig bricht. 

Salzstangerl

Das „richtige“ „Salzstangerl“ wird ebenfalls noch händisch produziert und nach dem Rollen mit Salz und Kümmel bestreut.

Für PuristInnen ist es wohl die beste Beilage zum Gulasch. Gut gefüllt für die Jause ist es aber auch nicht zu verachten. 

Kunstvoll geflochtene Mohnflesserl

Ganz im Norden Österreichs, im Waldviertel, werden bei einem „Slow Food“-Bäcker aus Leidenschaft „Mohnflesserln“ hergestellt. Der Mohn kommt aus der Region. Durch das Flechten des Teiges entsteht ein einzigartiger Geschmack. Nicht jeder beherrscht noch das richtige Flechten.

Die „Wachauer Laberln“ aus Dürnstein, Niederösterreich, sind weit über ihre Ursprungsregion hinaus bekannt. Erfunden wurden sie bereits 1905 von Richard Schmidl. Sie sind ein Graugebäck und bestehen aus einer Mischung aus Roggen- und Weizenmehl.

Bei einem Besuch in Pinkafeld im Burgenland zeigt uns Anita Lackenberger in ihrer Dokumentation die „Grammelpogatscherln“. Als lokale Spezialität, herzhaft und deftig, passen sie wunderbar zum burgenländischen Wein.

Und dann gibt es noch die Langsemmeln, die in einigen Regionen statt „normaler“ runder Semmerln gegessen werden. In den meisten Gegenden sind sie jedoch bereits verschwunden – und damit ist überall dort auch die „Kinderfreude“ Vergangenheit, aus einem Gebäck zwei machen zu können, wenn man eine Langsemmel in der Mitte – ebenfalls längs – teilt.